Familiärer Brust- und Eierstockkrebs

Unsere Leserin Vera G. aus Solingen fragt: „Meine Mutter und meine Cousine sind beide an Brustkrebs erkrankt. Habe ich jetzt ein höheres Risiko für Krebs?“ – Es ist in der Tat wichtig, der Sache nachzugehen. Während die Mehrzahl der Brustkrebserkrankungen vielfältige Ursachen hat, darunter auch ungünstige Lebensweise, zeigt sich, dass etwa 20 % der Mamma- und Ovarialkarzinome auf erbliche Faktoren zurückzuführen. Eine erbliche Krebsbelastung kann bereits vorliegen, wenn mindestens zwei nahe Verwandte oder nur eine junge Frau (unter 36 Jahren) in einer Familie erkrankt sind. Weitere Kriterien können das Auftreten von beidseitigem Brustkrebs, Brustkrebs bei einem männlichen Verwandten oder das Vorkommen von Brust- und Eierstockkrebs innerhalb derselben Familie sein. Inzwischen werden zunehmend mehr mehrere Gene identifiziert, die Mutationen für Mamma- und Ovarialkarzinome enthalten. Die beiden bekanntesten heissen BRCA 1 und BRCA 2; sie sind für die Hälfte aller erblichen Brustkrebserkrankungen verantwortlich. In Brustkrebsfamilien wird die Mutation dominant vererbt. Das bedeutet, wenn nur ein Elternteil -egal ob Mutter oder Vater- Träger einer solchen Erbanlage ist, dann haben alle Kinder ein 50%iges Risiko für diesen Gendefekt.

Frauen, in deren Familien gehäuft Brustkrebs und/oder Eierstockkrebs aufgetreten sind, sollten sich deshalb an ihre Ärzte wenden, die ggfs. solche Patientinnen in eine Spezialsprechstunde überweisen. In Deutschland gibt es eine Reihe von Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs. Dort werden im ärztlichen Gespräch mit den Familienmitgliedern Stammbaumanalysen erstellt. Daraus lässt sich zunächst einmal das ungefähre Risiko kalkulieren. Danach werden Blutproben molekulargenetisch auf Mutationen hin untersucht. Wenn dann eines der Tumorgene BRCA 1 bzw. BRCA 2 nachgewiesen wird, dann besteht für die Trägerin eine 70-80%ige Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken; darüberhinaus beträgt das Risiko für Eierstockkrebs 20-50%. Sind diese Mutationen nicht nachweisbar, ist ein erhöhtes Risiko dennoch nicht ganz ausgeschlossen.

Alle Frauen mit BRCA 1/2-Nachweis und diejenigen, für die ein Krebsrisiko von mehr als 30% kalkuliert worden ist, erhalten das Angebot zur intensivierten Früherkennung. Zu einem solchen Programm gehören regelmäßige Selbstuntersuchungen der Brust, halbjährliche Ultraschalluntersuchungen sowie jährlich eine Mammographie und Kernspintomographie. Einigen Patientinnen mit nachgewiesenem BRCA 1- oder BRCA 2-Gen wird empfohlen, nach sorgfältiger Beratung und Überlegung evtl. das Brustdrüsengewebe und ggfs. die Adnexe (Eileiter und Eierstöcke) entfernen zu lassen. Das ist eine sehr schwere Entscheidung, die andererseits aber das Entstehen einer Krebserkrankung vermeiden kann. Man weiß, dass bereits durch die prophylaktische Entfernung der Eierstöcke die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Brustkrebs reduziert werden kann.

Wie geht man um mit der Sorge oder dem Wissen um das erhöhte Krebsrisiko? Nur nicht den Kopf in den Sand stecken. Frauen aus Risikofamilien haben heute die große Chance der intensivierten Überwachung und von effektiven vorbeugenden Maßnahmen. Ihnen kann rechtzeitig geholfen werden, eine Krebskrankheit kann abgewendet werden. Das ist eine wirkliche Erfolgsgeschichte der modernen Medizin.

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