Gynäkologische Infektionen – ein immer noch unterschätztes Problem

Die 12.-Klässlerin war seit drei Tagen dem Unterricht ferngeblieben. Sie hatte zunehmende Schmerzen im Unterbauch. Weil sie außerdem über Brennen beim Wasserlassen und Ausfluß klagte, kam sie in die gynäkologische Sprechstunde. Untersuchung und Laborwerte bestätigten rasch eine bakterielle Entzündung von Scheide,  Gebärmutter und Eileitern, die sogleich schmerzten, als der Arzt nur mit dem Finger auf den Unterbauch drückte. Eine Kultur vom Muttermund bestätigte als Entzündungserreger Chlamydien, eine Bakteriengruppe, die im Gegensatz zu den anderen Keimen in das Zellinnere eindringt.

Weil die Krankheit schon fortgeschritten schien, wurde die Patientin zur Laparoskopie bzw. Bauchspiegelung überwiesen. In Narkose schob der Operateur über einen 2 cm kleinen Schnitt ein teleskopartiges Gerät unterhalb des Nabels in die Bauchhöhle vor. Jetzt konnte er die Bauchorgane sehen. Die Oberfläche von Gebärmutter sowie der verdickten Eileiter war gerötet, etwas eitrige Flüssigkeit  ließ sich aus der Bauchhöhle entnehmen, Verwachsungen hatten sich zwischen Eileitern und Darm entwickelt. Nun war es klar, die junge Frau hatte eine eitrige Eileiterentzündung, die im Volksmund oft fälschlich Eierstocksentzündung heißt. Über 20 Tage erhielt sie nun Doxycyclin, ein Antibiotikum. Anfangs sollte sie sich sehr schonen. Auch der Freund mußte das Antibiotikum einnehmen.

Die Untersuchungen nach Ende der Behandlung zeigten die allmähliche Heilung, im Labor ließen sich Chlamydien nun nicht mehr nachweisen. Die Patientin war geheilt. Doch Schäden bleiben. Erfahrungsgemäß vernarben entzündete Eileiter und sind kaum mehr in der Lage, die Eizelle vom Eierstock in die Gebärmutter zu transportieren. Das bedeutet in vielen Fällen Unfruchtbarkeit oder ein hohes Risiko für eine spätere Eileiterschwangerschaft. Wäre die junge Frau früher in die Sprechstunde gekommen, hätte man ihr früher das Antibiotikum geben können, dann wären die Schäden an den Eileitern wahrscheinlich viel geringer geblieben.

Bakterielle und virusbedingte Infektionen der gynäkologischen Organe, die ausnahmslos durch Geschlechtsverkehr übertragen werden, sind nicht selten. Fachleute nehmen an, daß ein Drittel der jüngeren Bevölkerung Träger von Chlamydien ist oder einmal einen Infekt mit diesen Keimen durchgemacht hat. Da Chlamydien in vielen Fällen nur wenig Beschwerden verursachen, gibt es zahlreiche chronisch Infizierte, die die Erkrankung ungeahnt weiter übertragen. So ist es kein Wunder, daß dieser Erreger erstaunlich häufig vorkommt. Daneben gibt es aber noch eine stattliche Reihe anderer Keime: die Erreger von Lues und Gonorrhoe, Gardnerellen, Mycoplasmen und Streptokokken. Unter den sexuell übertragbaren Viren ist zuallererst HIV, der Verursacher der verheerenden AIDS-Krankheit, zu nennen, aber auch das HPV, das zu den Warzenviren gehören und für Feigwarzen und virusbedingte Entzündungen des Muttermundes verantwortlich ist. Einige Untertypen von HPV können gar Mitverursacher des Zervixkarzinomes, wie der Muttermundskrebs auch heißt, werden.

Also, wer vielleicht am Anfang einer neuen Partnerschaft steht, sollte vorsichtig sein und seinen Partner nach Vorerkrankungen befragen. Und erst mal ein Kondom benutzen. Wenn Beschwerden auftreten, sollte man rechtzeitig den Arzt aufsuchen. Die ersten Symptome sind nur diskret. Auch Frauenärztin oder Frauenarzt müssen an die Möglichkeit solcher Erkrankungen denken, gründlich untersuchen und rechtzeitig Kulturen anlegen. Der beste Schutz ist immer noch eine stabile Zweierbeziehung.

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