Wenn die Blase nicht mehr mitmacht – über Harninkontinenz

Blasenschwäche mit unwillkürlichem Abgang von Urin ist häufig. Etwa 30% aller Frauen oberhalb von 60 Jahren haben darunter zu leiden, mit zunehmendem Alter werden es immer mehr. Doch die gute Nachricht vorneweg, Harninkontinenz ist kein unvermeidliches Schicksal, sondern läßt sich heute besser behandeln als noch vor wenigen Jahren. Die Patientin muß nur konsequent mitmachen.

Die Inkontinenz der Blase ist mehr als unangenehm. Wer davon betroffen ist, muß immer wieder mit ebenso unerwartetem wie unaufhaltsamem Urinabgang rechnen, kann nicht vermeiden, daß die Wäsche von Urin naß wird. Dieses Problem wird deshalb so oft dem Arzt verschwiegen, weil sich viele Frauen schämen, darüber zu sprechen.

Zwei Formen der Harninkontinenz treten am häufigsten auf: Bei der ersten Form, der Streßinkontinenz, handelt es sich um eine Senkung von Gebärmutter, Scheide und der Blase durch Erschlaffung oder Überdehnung der Beckenbodenmuskulatur, oft in der Folge von Schwangerschaft und Geburt. Dies ist ein anatomisches Problem. Der durch körperliche Bewegung, Husten oder Lachen entstandene Druck läßt hierbei Urin aus der Blase in die Harnröhre und von dort ungebremst nach außen treten. Bei der zweiten Form, der Dranginkontinenz, reagiert der Blasennerv überschnell auf Reize und befiehlt der Blasenmuskulatur, sich zusammenzuziehen und die Blase zu entleeren, sodaß die Patientin plötzlich heftigen Harndrang verspürt, der sich kaum aufhalten läßt. Dies ist ein nervales Problem, nicht selten als Folge chronischer Blasenentzündungen oder einer Reizblase. Es gibt unterschiedliche Schweregrade, oft leidet die Patientin unter einer Kombination beider Inkontinenzformen.

Ab den Wechseljahren werden die Probleme stärker. Der Mangel des Hormons Östrogen führt dazu, daß die Schleimhäute der Harnwege dünner und trockener werden und dann schlechter abdichten. Weitere Risikofaktoren verschlimmern den Urinverlust: Übergewicht, Bewegungsarmut, Asthma mit häufigem Husten, Diabetes, Blasenentzündungen und Nikotinabusus. Wer unter Harninkontinenz zu leiden hat, sollte sich nicht scheuen, Frauenärzte oder Urologen aufzusuchen. Aufgabe der Ärzte ist es zuerst, gezielt nach den Beschwerden zu fragen. Dann folgt eine sorgfältige apparative Diagnostik durch Spezialisten. Diese ermöglicht die exakte Planung der Behandlung. Im Fall der ausgeprägten Streßinkontinenz raten die Ärzte meist zur Operation. Inzwischen gibt es zahlreiche moderne Operationsverfahren, die den senkungsbedingten Urinverlust zuverlässig beheben können. Bei der Dranginkontinenz steht dagegen die Gabe von Medikamenten, die den Blasennerv beruhigen, im Vordergrund.

Eine wichtige Erkenntnis aber ist: Operiert wird bei Streßinkontinenz erst, wenn dies nötig ist. Oft bewirkt schon die Gabe von lokal wirksamen Östrogenpräparaten in Form von Zäpfchen, Vaginaltabletten oder Cremes, die die Funktion von Blase, Blasenhals und Blasennerv wieder aktivieren, ein kleines Wunder und vermag die Beschwerden zu mindern. Sport, Beckenbodengymnastik, manchmal ein Tampon, Gewichtsabnahme und gesunde Lebensführung haben ebenfalls einen positiven Einfluß. Bei einer Streßinkontinenz leichteren Grades kann mit diesen Maßnahmen eine Operation vermieden oder aufgeschoben werden, bei schwereren Formen  helfen sie, den Effekt der Operation zu verbessern.

Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung der Dranginkontinenz tragen manchmal schon Wärmflasche und warme Fußbekleidung zur Linderung bei. Mit systematischem Blasentraining kann das Fassungsvermögen der Blase vergrößert werden. So lassen sich die Abstände zwischen den Toilettengängen verlängern. Rauchen und Dranginkontinenz vertragen sich nicht, Nikotin schädigt die Blase und ihre Innervation. Der eigene Anteil, den die Patientin konsequenterweise erbringen muß, um ihre Inkontinenzbeschwerden zu beseitigen oder zu verringern, ist nicht zu unterschätzen.

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